von Alphonse Bleischwitz SAC1
Bishof Raible hat in der Chronik über Rockhole geschrieben:
Als die Pallottiner Patres die Verwaltung des Vakariates Kimberley im Jahre 1928 übernahmen, waren dort drei Missionsstationen: Broome, Beagle Bay und Lombadina, alle an der Westküste von Dampierland. Nichts war getan für die weißen Menschen, und keine Missionsstation war im Ostteile des Vikariates für die Aboriginal Menschen. In den Jahren 1931, 1932 und 1933 machte der Apostolische Administrator Reisen durch das ganze Vikariat um den Menschen Seelsorg-Hilfe anzubieten, und um einen geeigneten Platz zu finden für die Gründung eines neuen Missionszentrums.
Wenn der Bischof beabsichtige die Gegenwart der Kirche in Kimberley fühlbar zu machen, übernahm er eine sehr schwere Aufgabe, mit großen Problemen die man nicht überschauen konnte. Das Land ist über 45,000 Quadratmeilen groß. Nur sehr wenige Menschen leben in Kimberley. Die Entfernungen von einer Viehstation zur anderen sind sehr groß. Die Wege sind so schlecht daß sie den Namen Weg nicht verdienen. Für die gewöhnliche Reise durch das Vikariat Kimberley brauchte der Bischof 6 – 8 Wochen, und doch konnten viele Stationen nicht besucht werden, manche waren mit dem Auto nicht zu erreichen. Von den weißen Menschen konnte man keine Hilfe erwarten. Und die Aboriginals? Nichts war getan um ihnen das Evangelium zu bringen. Sicherlich da war die Anglikanische Mission Forrest River, nord-west von Wyndham, und die Drysdale River Mission (nach Kalumburu verlegt), gegründet von den Benediktinern von New Norcia, aber beide Missionsstationen waren an der Nordküste, unerreichbar über Land.
Das ganze innere des Landes, von Derby bis zum Northern Territory, war nicht versorgt von der Kirche. Weiter, eine königliche Commission der Westaustralischen Regierung, entdeckte einen beängstigenden schlechten Zustand der Gesundheit unter den natives (Aboriginal Menschen).
Ein dunkles Bild, mit wenig Hoffnung auf Erfolg. Doch Bischof Otto Raible dachte die Zeit und Stunde sei gekommen um eine Neugründung zu wagen, an einem zentralen Platz in Ost Kimberley, treu zum Auftrag des Herrn: ‘Geh und predige das Evangelium zu allen Menschen!’
Das kleine Dorf Halls Creek, ein Überbleibsel des Goldsuchen und -findens, war wohl der beste Platz für das Unternehmen. Auf der Reise durch Kimberley 1934 bot sich eine Gelegenheit auf der Rockhole Station einzukehren. (Ungefähr 35 Kilometer west von Halls Creek.) Der Eigentümer war Francis Patrick Castles. Er war längere Zeit krank und hatte wenig Hoffnung gesund zu werden. Er wollte seine Rockhole Station verkaufen, und in besseren Verhältnissen leben, für den Rest seines Lebens. Weil sich dieser Platz eignete für die Seelsoge und Missionsarbeit kaufte der Bischof die Rockhole Station. (Aus der Chronik von Bischof Raible.)
Der Verkauf der Rockhole Station war unterzeichnet von Frank Castles am 12. September 1934 der Apostolisch Delegat, Erzbischof Bernardini, den Bischof Raible um Hilfe für das Unternehmen bat, großzügig schenkte die Summe von 1400 Pounds für den Kauf der Rockhole Station. Dadurch war Bischof Raible befreit von einer großen, fast zu großen Geldbürde (Persönliche Mitteilung von Bischof Raible).
Bischof Raible war arm, sehr arm, mit wenig Hilfe von der Glaubenscongregation, und keine Hilfe von den wenigen weißen Katholiken die in Kimberley lebten. Weiter, keine Hilfe aus Deutschland konnte erwartet werden, weil die Politik der kirchenfeindlichen Regierung überall bitter gefühlt wurde.
Der erste Schritt für eine Neu-Gründung in Ost Kimberley war gemacht. Rockhole war da als ein Missions-Zentrum, ein Kranken Zentrum, ein Heim für die alten Aboriginal Menschen, und möglich eine Schule. Aboriginal Menschen die in Beagle Bay ausbildet waren, konnten nach Rockhole kommen um ihre Kenntnisse und Talente den Aboriginals in dieser Gegend anzubieten.
Alles in allem das Unternehmen von Bischof Raible war gut und lobenswert. Die ersten Missionare, die für diese neue Mission bestimmt wurden waren: Pater Francis Hügel SAC, Bruder Heinrich Krallmann der im Anfang dieses Jahrhunderts nach Australien gekommen war, und Bruder Joseph Schüngel. Von Beagle Bay kamen nach Rockhole: Patrick, Georg und jung Phillip Cox. Bruder Heinrich Krallmann hatte Rockhole schon einmal gesehen, da der Bischof ihn beauftragt hatte den Wert der Rockhole Station zu prüfen, ehe die Station gekauft wurde.
Warscheinlich wegen der Erkenntnisse von Bruder Heinrich hatte diese erste Gruppe keine großen Erwartungen von dem was man auf der Rockhole Station vorfinden würde. Ganz wenig war zu erwarten, und was dort war war sehr arm und einfach. Viele der alten Kimberley Bewohner lebten unter größter Armut im Vergleich zu unserem Lebensstandard. Man sagte: ‘die leben ein grobes Leben unter groben Lebensmitteln’.
Das Haus bestand aus zwei kleinen unbewohnbaren Räumen aus Lehmwänden, ohne Ventilation, und eine größere Veranda um die Räume, die Veranda hatte aber keine Wände, die Küche war ein Ausbau dazu. Ein Raum wurde als Kapelle benutzt der andere als Vorratsraum. (Mündliche Mitteilung.)
Die Veranda wurde als Wohnräume benutzt, für die Gemeinschaft. Nichts konnte verhindern dem Unternehmen einen Anfang zu geben. Keine Zeit wurde verloren. Bruder Heirnrich Krallmann versorgte die Tiere, Schafe, Pferde und Esel. Bruder Josef Schüngel war der Koch für die Gemeinschaft. Pater Francis Hügel half überall mit, und versuchte Verbindung zu bekommen zu den wenigen katholischen Menschen die in dieser Gegen lebten, soweit wie möglich unter diesen Umständen. Pater Francis Hügel hatte kein Auto. Die einzige Möglichkeit die Menschen zu erreichen war auf dem Rücken eines Pferdes, oder mit einem Wagen der von einem Pferd gezogen wurde, oder wenn jemand mit einem Auto ihn mitnahm. Bruder Josef Tauten wurde von Beagle Bay gerufen um die engen Wohnverhältnisse zu verbessern. Er baute eine Wohnung für Pater und Brüder. Das Haus musste sehr einfach sein. Man hatte nur so viel Geld um Wellblech und Nägel zu kaufen, alles andere war Material das man in der Gegend fand, Holz und Lehm. Zu dieser Zeit Bruder Josef Tauten SAC verdiente ein Meister Zeugnis für seine Fähighkeit Buschholz zu verarbeiten in aller Form und Gestalt. Aber, bevor er alle Arbeiten, die man von ihm erwartete, erledigen konnte, kam Nachricht von Beagle Bay. Ein Cyclone-Sturm, der schlimmste in der Geschichte der Mission, hatte die Mission zerstört. Kein einziges Gebäude war übrig geblieben, das nicht beschädigt war. Bruder Josef Tauten bot seine Hilfe an, er fuhr nach Beagle Bay Anfang Mai 1935. Er hatte 3 Monate in Rockhole gearbeitet.
Für den größten Teil des Jahres 1935 war der Apostolische Administrator in Europa. Er war zum Apostolischen Vikar ernannt worden, mit der Aussicht zum Bischof geweiht zu werden. Er kam zurück als Bischof später im Jahr. Alles scheinte gut zu gehen auf der Rockhole Station, bis die ersten stürmischen Wolken kamen. Pater Francis Hügel schreibt in der Chronik:
Am 10. Juni besuchte Herr Neville, Hauptbeschützer der Aborigines in Westaustralien, unseren Platz. Seine ausführlichen Fragen scheinen zu bestätigen daß er Rockhole als seine errichtete Missionsstation betrachtet. Das ist aber nicht wahr. Er hat sich schon beschwert darüber das wir Aborigines von Beagle Bay nach Rockhole gebracht haben. Mehr Schwierigkeiten müssen erwartet werden von ihm …. Pater Francis Hügel berichtete Herrn Coverly MP über den Besuch des Chief Protectors – Hauptbeschützer der Aborigines in Rockhole. Er antwortete, der Chief Protector hat kein Recht sich in unsere privaten Dinge einzumischen.
Pater Francis Hügel seine Befürchtungen waren wohl begründet. Seine letzte Eintragung in die Chronik, vom dritten Oktober 1935 lautet:
So weit, die kritische und schwierige Lage unserer Station hat sich nicht geändert. Das Angebot das unserem Bischof der Regierungsabteilung für Aborigines und Gesundheit machte: die kranken Aborigines mit einem Missionsarzt zu versorgen, wurde schon voriges Jahr abelehnt. Als Bischof Raible von Deutschland zürück kam, brachte er Doktor Betz und seine Frau mit. (Frau Betz ist auch Arzt.) Aber wieder, die Regierung hat ihre Hilfe abgelehnt. … Da ist keine Möglichkeit für unseren Missionsdoktor hier zu arbeiten. Inzwischen in Mulla Bulla [Moola Bulla] (eine Regierungsstation in der Gegend von Halls Creek) eine Klinik wurde eröffnet, die von einer Krankenpflegerin geleitet wird. Unter diesen Umständen besteht die große Frage ob wir hier ein Krankenhaus eröffnen können, oder was wir überhaupt für die Aborigines tun können.
Pater Francis Hügel wure nach Beagle Bay berufen, Pater Johannes Herold wurde nach Rockhole gesandt. Die Chronik von Rockhole wurde nicht weiter geschrieben. Der Bischof schrieb: ‘Vom 26 April 1937 – 6. Januar 1939 war Pater Johannes Herold Leiter der Rockhole Station.’
Was geschah in diesen zwei Jahren in welchen der Beschluß gefaßt wurde Rockhole zu verlassen? Der ganze Plan des Bischofs auf der Rockhole Station eine Schule oder ein Krankenhaus für die Aborigines zu erbauen, war total zerfallen, wie auch in West Kimberley. Die Brauchbarkeit des Platzes als ein Seeelsorgezentrum für katholische Ansiedler und Arbeiter war außer Frage. Daher die Station verkaufen. Und dann, was jetzt? Die Möglichkeit war Ost Kimberley zu verlassen, und sich auf der West Kimberley zu konzentrieren, oder bessere Möglichkeit mit mehr Hoffnung zu suchen.
Der Mißerfolg dieses Unternehmens hatte eine große Wunde im Herzen des Bischofs geschlagen die nie mehr ganz heilte. Gelegentlich Bemerkungen zeigten das in all den kommenden Jahren. Als wir in Balgo anfingen und einiges für eine neue Chronic schrieben, sagte der Bischof zu mir: (Pater Alfons Bleischwitz) ‘lassen Sie die ersten Blätter frei, darauf schreibe ich den Schwanen Gesang von Rockhole.’ Er schrieb aber nur die oben erwähnten zwei Linien, nichts mehr. Das sagt viel, nicht in Worten gesprochen, sondern im Verhalten des Schweigens.
Immer wieder hörten wir die Worte: ‘Im Haushalt Gottes geht nichts verloren’. Das war sein Anker an dem er sich fest hielt, das gab ihm Stärke in all den Jahren der Missions-Arbeit, die gekennzeichnet war mit vielen Mißerfolgen. Er war geschlagen, hat aber nie aufgegeben.
Bischof Raible war fest entschlossen nicht aufzugeben. Ein neues Wagnis mit mehr Hoffnung auf Erfolg muß kommen. Wenn Rockhole aufgegeben werden mußte, so muß die Kirche in Ost Kimberley bleiben. Da war wenig Hoffnung für eine Mission in Ost Kimberley. Aborigines (Ureinwohner) waren Angestellte auf den großen Viehstationen von Halls Creek bis nach Wyndham. Im Norden war die Benediktiner Mission Drysdale River und die Anglikanische Mission Forrest River (River = Fluss). Beide Missionen bemühten sich Christliche Liebe zu den übriggebliebenen Resten der Aboriginal Stämme zu bringen, die in diesen Gegenden lebten.
Schon seit einiger Zeit wurde die Aufmerksamkeit des Bischofs auf die Stämme der Aboriginals gelenkt, die südlich von Halls Creek lebten. Nomaden die wanderten über hunderte von Sandhügeln, entlang der Canning Stock Route, und östlich der Lake White Dessert (See Weisse Wüste). Soweit, niemand hatte sich um diese Aboriginals gekümmert, die waren Unbekannte in keines Menschen Land. Bililuna war die letzte Viehstation 200 Kilometer südlich von Halls Creek, aber um diese Zeit hat sie nie viel Erfolg gezeigt.
Der Bischof erkannte: hier am Rande der Wüste eine neue Mission konnte gegründet werden. Um Möglichkeiten zu erforschen machte unser Missions Anthropologist Pater Ernst Worms SAC Erforschungs-Reisen in dieses unbekannte Land, und um Verbindung zu bekommen mit den Aboriginal Menschen dieser Gegend. Pater Worms seine Berichte waren günstig.
Dann, im Oktober 1938 und Mai 1939 der Bischof selbst suchte einen Platz wo er anfangen konnte. Der Platz musste sich eignen für eine Mission, und musste auch Weideland haben für eine Viehherde als Rückgrad für die Mission. Er mit ungefähr 60 Kilometer südlich von Gregory Salt Lake, eine Gegend die Bishopsdale genannt wurde. Dort war Trink-Wasser und ebenes Gelände für Weideland, aber unerreichbar, die Gegend war eingeschlossen von Land-Hügeln, keine Bäume, kaum etwas Holz für ein Feuer.
Der Bishof frug einen Aboriginal Mann, der ihn schon früher begleitet hatte, um Hilfe einen Platz au finden wo man anfangen konnte, wenn auch nur vorübergehend. Dick Smith war sein Name, ein treuer Freund der Missionare. Dick Smith zeigte auf einen Platz mit Namen Tjaluwan als einzige Möglichkeit für einen baldigen Anfang.
Inzwischen wurde über die Zukunft von Rockhole verhandelt. Herr Ernst Bridge suchte einen Platz wo er mit seiner jungen Familie leben konnte. Ernst Bridge war ein Drover. (Drover ist ein Mann der grosse Vieh-Herden viele Kilometer weit über Land treibt.) Er brauchte Land für seine Pferde und Kamele, wenn er nicht unterwegs war. Er hatte kein Interesse die Schafe zu kaufen, aber er kaufte die Pferde, so viel als wir verkaufen wollten. Ernst Bridge machte dem Bishof ein Angebot, das nicht veröffentlicht wurde. Der Bischof nahm das Angebot an. Der Bischof war mit dem Verkauf der Rockhole Station um so mehr zufrieden weil Ernst Bridge die Bezahlung sogleich machte, in barem Geld am Platze. Der 1. Oktober 1939 war der Tag an dem der Verkauf der Rockhole Station abeschlossen wurde. Das Ende der Rockhole Station.
Für uns, einerseits ein Unternehmen das erfolglos endete, andererseits der Anfang eines grösseren Unternehmens mit größeren Schwierigkeiten: Den Anfang der Balgo Mission.
Ernst Bridge blieb unser Freund. Er zeigte immer wieder ehrliche Gastfreundschaft, von der wir oft Gebrauch machten. Später kaufte er die Nachbar Station Coonje Park dazu, und lebte dort. Rockhole wurde das Heim für alte Kimberley Menschen, die bis zu ihrem Tode dort lebten. Heute ist nichts mehr übrig von Rockhole, alle ist verschwunden, eine Geisterstation.
Bruder Franz Nissl SAC 1
Pater Alfons Bleischwitz SAC
Als Anfang des Jahres 1939 der Bischof und seine Berater endgültig beschlossen Rockhole zu verlassen, und südwarts zu ziehen – ein Käufer mußte gefunden werden, und eine Zeit zum Umzug mußte festgelegt warden – er mußte denken wer wird dorthin gehen, Priester und Bruder. Bruder Stephan Contemprée war schon von Tardun nach Rockhole bestellt, für die tägliche Arbeit, aber auch um Vorbereitungen zu machen für den Umzug. Bruder Stephan war ein Mann grosser Begeisterung und konnte arbeiten ‘wie ein Pferd’. So war er eine große Hilfe für den Anfang. Von Natur war er Landwirt, und kehrte später zur Farm nach Tardun zurück. Schafe hüten und Zäune machen sagte ihm nicht zu für lange Zeit. Tardun blieb sein Traum.
Bruder Stephan war voll von Eifer, zum Überfluss. Er konne eine Gefahr nach der anderen wagen. Beim graben eines Brunnens gegen alle Warnung, nahm er als Gehilfen nur einen Aboriginal, der gerade aus dem Never Never (Niemandsland) gekommen war, und noch nie in seinem Leben gearbeitet hatte. Er sollte die Eimer mit Steinen und Sand aus dem Brunnen hochwinden, auch Bruder Stephan. Die Winde ging los, der gefüllte Eimer fiel in den Brunnen, aber an Bruder Stephan vorbei, ohne ihn zu treffen. Die Winde ging wieder los als Bruder Stephan herauf kam. Bruder Stephan fiel in den Brunnen – ohne Schaden.
Ein anderes mal stand er in einem alten Wasser-Eimer, und ließ sich in den Brunnen hinunter winden. Der Eimer ging los und fiel in den Brunnen, mit Bruder Stephan. Kein Schaden, Gott sei Dank. Er zündete eine Pulver-Ladung und rief ‘Hoch’. Etwas war falsch. Er hätte noch die Zündschnur losreißen können, aber die Ladung ging los. Ich stand oben am Rand des Brunnens gab mit austreckter Hand die letzte Absolution. Er rief ‘Hoch, ich ersticke in diesem Rauch’. Wir wanden ihn hoch irgendwie – sein Gewicht war über 100 kg. Nichts war ihm passiert. Er erschoß einen Ochsen zum Schlachten, meinte der Ochs sei tot und ging zu ihm, aber der Ochs griff wütend Bruder Stephan an und ließ die Schrammen seiner Hörner an seiner Brust. Bruder konnte nicht warten bis ein Kamel in die Knie ging, um abzusteigen. Nein, er sprang vom Kamel herunter, wobei er mit einer Hand in einem schmutzigen Haken hängen blieb. Keine Entzündung … und die Hand heilte schnell.
Ich war besorgt und nervös, um was das nächste mal passieren konnte, und fühlte mich erleichtert wenn Bruder Stephan sich entschloß die Schafe zu hüten. Später kehrte er zurück nach Tardun. Dort war er glücklicher. Ein richtiger Rheinländer von Natur. Er arbeitete mit übergossem Eifer zum Extreme, und konnte als Gegenwirkung tief traurig sein, physically und psychologically. Immerhin wir waren dankbar für all die Arbeit bei unserem Anfang.
Als mich der Bischof frug, ob ich zu dem neuen Unternehmen gehen wollte und meine positive Antwort erhielt, sagte er zu mir Bruder Franz Nissl würde mein Begleiter sein. ‘Ein sehr guter zuverlässiger Arbeiter und vertrauensvoller Bruder, ein Vorbild das Sie dort gebrauchen.’ Ich kannte ihn nicht zu dieser Zeit, aber in den kommenden Jahren zeigte sich daß der Bischof die Wahrheit sagte. Er hatte die Fähigkeit die Schwierigkeiten zu meistern, die auf ihn warteten.
Pater Benedikt Püsken erzählte mir wie Bruder Franz Nissl nach Australien kam. Bischof Raible hatte aufggeeben Pater oder Bruder mit Namen zu nennen, die er für die Mission haben wollte. Statt dessen gab er an für welche Aufgaben er Hilfe brauchte, und wer gewählt und geschickt wurde, war willkommen. Aber, bei Bruder Franz Nissl war die Sache anders. Pater Benedikt Püsken machte dem Bischof den Vorschlag: ‘Wenn Sie einen guten Mann haben wollen, fragen Sie um diesen Bruder.’ Der Bischof hörte auf den Vorschlag von Pater Benedikt Püsken, und schrieb nach Limburg mit der Bitte Bruder Franz Nissl nach Australien zu schicken, und seine Bitte wurde erfüllt. Jahre später der Bischof sagte zu Pater Benedikt Püsken: ‘ diese Wahl habe ich nie bereut’.
Armut, Entbehrung und harte Arbeit waren für Bruder Franz Nissl keine Schwierigkeit – von Jugend auf war er dran gewohnt. Er war der Sohn eines Holzhauers, der wenig verdiente, und er war ein Arbeiter seit dem Tage seiner Schulentlassung. Sein christliches Heim und Erzhiehung machten die Antwort leicht für ihn, dem Rufe Gottes zum religiösen Leben von ganzem Herzen zu folgen, als er Gottes Ruf hörte. Er blieb diesem Ruf treu während des ganzen ersten Weltkrieges, und sprach nur ganz selten von seiner Erfahrung an der Front. Nach dem Krieg war er verantwortlich für die Landwirtschaft unserer Klöster und Kollegien. Im Jahre 1931 bekam er das Missionskreuz und kam nach Australien. Die ersten 8 Jahre war er auf der Station in Tardun. Diese Jahre waren eine Zeit großer Schwierigkeiten. Wohnverhältnisse waren unter Standard. Land mußte für Weizen-Anbau gerodet werden, mit harter Handarbeit. Bischof Raible wusste nicht ob man wegen der grossen Schulden die Farm aufgeben oder behalten sollte, um auf bessere Zeiten zu warten und zu hoffen. Auch die Kapelle war ein ganz armer Raum, so arm daß der Diözese Bischof von Geraldton Dr James Collins warnte er könnte ‘verbieten das Allerheiligste Sakrament in diesem Raum aufzubewahren’ (mündliche Mitteilung).
Mit all diesen Problemen konnte Bruder Franz Nissl fertig werden. Er blieb ein Optimist, bessere Zeiten und Verhältnisse werden kommen. Aber gerade als das Leben auf der Farm etwas normal wurde, kam der Ruf für ihn nach dem Norden zu kommen, und wieder von vorne anzufangen.
Hatte Bruder Franz Nissl grosse Erwartungen? Möglich, aber er stand fest auf der Erde. Er hatte die Eigenschaften die er brauchte für die kommenden Jahre, Geduld.
Die vielen unerwarteten Ereignisse und Rückschläge machten ihn nicht mutlos. Für ihn war das der Weg. Gott bildete ihn für die neue Mission. Er gab nicht nach für lähmende Langeweile oder tötende Bitterkeit. Er wollte ein demütiger Diener sein für Gott und die Kirche. Er fühlte sich frei.
Sicher hatten wir unsere menschlichen Schwachheiten und Verschiedenheiten. Ich kann mich gut erinnern, während einer Hitzwelle war die Temperatur zwischen 43 und 47 Grad Celsius, ständig für drei Wochen. Abends 10 Uhr konnte die Temperatur noch 40 Grad sein. Wir beide kämpften um das Leben, wegen der Hitze. Das war eine furchtbare Inanspruchnahme unserer körperlichen und geistigen Kräfte. Als die Hitzewelle vorüber war, haben wir uns gegenseitig bekannt daß wir ungeduldig und reizbar gewesen waren. Aber das war auch alles.
Als Bruder Franz Nissl erkannte daß er nicht mehr, so wie gewohnt der Mission dienen konnte, kam er nach Manly für eine Zeit. Noch einmal waren wir zusammen. Natürlich, nachdem er das weite offene Land von Tardun und Kimberley gewohnt war, fühlte er sich eingeengt in unserem Kolleg, mit so wenig Land auf dem das Haus gebaut war, und wo er nur einige Rosen und Tomaten pflanzen konnte. Aber jetzt hatter er viel Zeit für ungestörtes Beten. In der Stille Gott sprach zu ihm, und in der Stille kam er näher zu Gott. In einem Brief schrieb er: ‘ich habe so viel von Gott empfangen, daß ich ihm nicht genug danken kann. Jetzt in meinem Alter sehe ich, wie gut Gott zu mir war.’ Er wußte dass Gott ihn bald rufen könnte. In Dankbarbkeit benutzte er den Rest seines Lebens zur Vorbereitung für den Tag der großen Freude.
Während wir in Manly waren besuchten wir zusammen einige unserer Pallottiner Freunde. Alle waren tief beeindruckt von seiner Einfachheit und seinem Glauben. Komm wieder, sagten sie, aber vergiß nicht Bruder Franz mitzubringen. Oft hörte ich diese Bemerkung. Die Menschen fühlten eine außergewöhnliche übernatürliche Ausstrahlung von ihm.
Bruder Franz Nissl starb in Melbourne am 19. Februar 1980, 92 Jahre alt.
Als ich in Wyndham diese Nachricht erhielt, dachte ich an ein Ereignis in Balgo 30 Jahre früher, das ich nicht veressen habe, und nie vergessen werde: Das Datum war der 5. Juni 1951. Bischof Raible war für einige Tage bei uns in Balgo. Wir sprachen mit Beagle Bay durch unseren Transmitter (Radio Sender). Unser guter alter Bruder Heinrich Krallmann (ein goßer Freund von Bruder Franz Nissl) war nahe seinem Ende. An diesem Morgen gab uns Pater Joseph Kearney die traurige Nachricht, daß Bruder Heinrich Krallmann nach einer schmerzlichen Krankheit gestorben war. Noch heute sehe ich den Bischof wie er aus meinem Bureau stolperte, seine Hände um einen Verandah-Pfosten hielt, und seinen Kopf an den Pfosten lehnte. Tränen liefen über sein Gesicht herunter. Er suchte nach Worten um seinen Trauer, seine Dankbarkeit und seine Freude auszusprechen. Er konnte keine Worte finden. Nach einer Weile sagte er: ‘ich kann nur sagen, was der Herr gesagt hat’, “Gut getan, guter treuer Bruder” .... Des Herrn Willkommen waren die einzigen Worte die er für Bruder Heinrich Krallmann finden konnte, der als Pallottiner sich Gott, der Kirche und der Mission geschenkt hatte.
An diesem Tag dieselben Worte klangen in meinen Ohren: Gut getan, guter und treuer Bruder Franz, komm und vereinige Dich mit mir für den du gelebt und gearbeitet hast. Keine größere Ehre konnte ihm gegeben werden.
Ich schrieb eine Chronik während meiner Jahre in Balgo – sehr wenig, nur Daten, was wir taten, wo wir fehlten, wo wir versuchten, immer wieder und wieder. Wenn ich diese Aufzeichnungen lese, kommt mir immer wieder zu Bewußtsein wer Bruder Franz war, und was er alles gelitten hat.
Ich lese zwischen den Linien der Chronik und mehr zwischen den Linien in Worten nicht gesprochen kommt das Bild von Bruder Franz in bunten Farben zum Vorschein. Er wird jetzt mehr lebendig als vor 40 Jahren, wo ich ihn das erste mal traf, in seinen besten Jahren.
Ich danke Gott für die Gegenwart von Bruder Franz in meinen Jahren in Balgo. Er war der Mann den wir brauchten. Er verlieh uns eine große Erbschaft, das Beispiel eines Lebens in Glaube und Liebe, eine rückkhaltlose Hingabe seiner selbst an Gott, die Kirche und an unsere Gemeinschaft. Er sprach zu uns mit und durch sein Leben, und viel mehr noch er spricht zu uns jetzt in seinem Tod.
R.I.P.
Pater Alfons Bleischwitz 1983
Der Heilige Vater hat uns eingeladen dieses Jahr als ein Jahr unserer Erlösung zu feiern. Mit dankbarem Herzen vertiefen wir unseren Glauben und unsere Hingabe an Jesus der uns mit seinem kostbaren Blut von unsern Sünden erlöst hat.
Christus Huldigung und Dank zu geben, war der Gedanke für eine Pilgerfahrt, die Pater Ray Hevern und seine Missionshelfer organisierten. Diese Pilgerfahrt sollte die Aboriginal Gemeinschaften von Billiluna, Lake Gregory und Balgo zusammenführen, zu dem Platz wo die erste hl. Messe gefeiert wurde, nach Tjaluwan, so genannt von den Aboriginal Menschen. In Tjaluwan wurde am ersten Weihnachtstag vor 44 Jahren die erste hl. Messe gefeiert. Alles was von diesem Anfang übrig ist, ist ganz wenig, fast nichts: einige Steine die mal als Feuerplatz zum kochen gedient hatten, einige Quadratfuß Lehmböden wo die Kapelle gewesen war, und einige Zeichen an einem alten Baum, von einer Axt geschlagen. Im Übrigen überhaupt keine Veränderung, von dem was wir dort fanden, als wir ankamen, gerade ein oder zwei Tage vor Weihnachten im Jahre 1939. Nichts hat sich verändert. Wirklich?
Das Land ist noch dasselbe, eine Wüste, trocken, dürr, staubig, die Fliegen, die brennende Sonne, der klare Sternenhimmel in der Nacht. Und dennoch:
Da war eine bemerkenswerte Änderung. Hier, nicht mehr trocken und dürr, ‘Tau’ und ‘Regen’ war vom Himmel gekommen und hatte neues Leben gegeben. Menschen hatten sich geändert und Tjaluwan hatte eine heilige Bedeutung für sie. Das haben sie in ihrer eigenen Sprache ausgesprochen, singend während der Eucharistiefeier in ihrem Rythmus:
In Tjaluwan sahen wir Jesus liegend in der Krippe,
und
Vater, zeig uns den Weg zum Jesuskind.
Dieses war die einfache unaussprechliche Wahrheit welche die Menschen von Billiluna, Lake Gregory und Balgo nach Tjaluwan führte, wo vor 44 Jahren der Herr Unterkunft fand, und ihr Emanuel, Gott mit ihnen wurde. Damals kam er als ein Fremder, als einer den sie nicht kannten. Jetzt sind sie gekommen weil sie ihn und sein Evangelium kennen, sie haben sein Wort angenommen und sind Christen geworden, wenigstens die meisten von ihnen. Menschen die im Dunkel wandelten haben das Licht gefunden.
Diese Wallfahrt zu sehen war eine große Belohnung. Nach vielen Jahren von Bedrängnis, Not und Schwierigkeiten - der zweite Weltkrieg, zu Zeiten äußerster Armut und Niedergeschlagenheit, Mißerfolg, Mutlosigkeit, Trockenheit, Dürre – nichts is vergeben gewesen, Traum und Hoffnung des Anfangs ist Wirklichkeit geworden. Gott war und ist an der Arbeit.
Die feierliche Eucharistie war wirklich Danksagung, und Lob und Preis Gottes.
So verging der Tag der Wallfahrt in Tjaluwan, und jetzt hier am neuen Platz, Balgo, wo ich die nächsten drei Monate sein werde, denke ich mit Erleichterung zurück an die Jahre der großen Schwierigkeiten wo ich zusammen mit Bruder Franz Nissl versuchte eine neue Mission zu gründen. Bruder Franz Nissl SAC war nie entmutigt, und konnte nie entmutigt werden, er war die größte Stütze in diesen Jahren, und während meines ganzen Lebens.
Ich wünschte Bruder Franz könnte wieder bei mir sein in Tjaluwan, um Zeuge zu sein von der großen Veränderung. (Jetzt ist dort eine große Mission.) Lassen Sie mich erzählen über die Vorgeschichte von Balgo, und vom Anfang der Mission.
Pater Alfons Bleischwitz SAC
In den frühen dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts Leprosy – Aussatz – hatte sich verbreitet unter den Aboriginal Menschen, daß Gefahr bestand für ihr Überleben. Die Staatsbehörde der Westaustralischen Regierung, besonders die Abteilung für Aboriginal Angelegenheiten, hatte erkannt daß der Kampf verloren war, wenn man nicht drastische und höchst wirksame Mittel anwandte um den Aussatz zu bekämpfen.
Der apostolische Administrator, später Bischof Raible, des apostolischen Vicariates Kimberley (jetzt Diozese Broome) bot seine Hilfe an. Der Bischof machte den Vorschlag daß ein Aussätzigenheim gebaut wurde am Nord-End der Dampier Peninsula (Peninsula = Halbinsel), Swan Point. Die Schwestern vom Orden des hl. Johannes von Gott waren gern bereit diese unglücklichen Menschen zu pflegen, wie sie auf der Beagle Bay Mission die Aboriginal Menschen schon versorgten. Dieses Angebot wurde nicht angenommen. Aber Bischof Raible verfolgte weiter seine Pläne.
Der Bischof hatte an das medizinische Missionsinstitut in Würzburg den Antrag gestellt, zwei Ärzte Mann und Frau, beide Doktors, die Tropische Krankheiten studiert hatten, nach Kimberley zu schicken. Als Bischof Raible nach seiner Bischofsweihe in Deutschland nach Australien zurückkam, begleiteten ihn die zwei Ärzte und kamen Ende des Jahres 1935 in Beagle Bay an.
- 2 –
In einem Bericht von Herrn Hon. J. J. Holmes an Herrn Hon. F. J.S. Wise, Minister für Nord-Westaustralien, lesen wir:
‘Während ich in Broome war, machte der Römisch-Katholische Bischof von Broome, Bischof Raible, einen Antrag mich zu sehen. Während unserer Unterredung sprach der Bischof zu mir von zwei verschiedenen Angeboten, die von einem Römisch-Katholischen Institut unter seiner Kontrolle an die Westaustralische Regierung gemacht wurden, um die Lebensverhältnisse der Aboriginal Menschen zu verbessern, und um die Behandlung der Aussatz-Kranken Menschen zu verbessern.
Beide Angebote wurden abgelehnt, aber im Lichte der darauffolgenden Ereignisse, wenn man eines dieser Angebote angenommen hätte, wäre man möglich weit vorangekommen, um die Ausbreitung des Aussatzes zu verhindern.
Er, Bischof Raible, machte mir auch die Mitteilung daß er gerade von der Beagle Bay Mission zurückgekommen war, und daß man in Beagle Bay 16 Aussätzige gefunden hat, während der letzten 12 Monate, und der Bischof ist sehr besorgt was geschehen mag wenn eine allgemeine Untersuchung in den Wohngebieten der Aboriginals durchgeführt würde.
Der Bischof teilte mir auch mit daß die Beagle Bay Mission jetzt zwei Ärzte hat, Mann und Frau, die kürzlich von Deutschland gekommen sind. Die Frau ist auch Ärztin und hat viel Erfahrung weil sie in Ostafrika unter Aussätzigen als Ärztin tätig war. Herr und Frau Doktor sind sehr besorgt um die Ausbreitung des Aussatzes unter den Aboriginals. Sie haben die Aussätzigen von den übrigen Menschen getrennt, und halten auch die Kinder der Aussätzigen getrennt von den gesunden Kindern der Mission Im Gegensatz zur Einstellung der verantwortlichen Ministers-Beamten, Kommissar für allgemeine Gesundheit, Sekretär für allgemeine Gesundheit und der Chief Protector (Hauptbeschützer) für Aborigines, man ist gezwungen zu der Überzeugung zu kommen, daß was in Broome ausgesprochen wurde,’daß eine Person oder mehrere Personen wegen verbrechereischer Unterlassung angeklagt werden sollten” berechtigt ist. (Entnommen von Davidson, Havens of Refuge)
Trotz aller überzeugenden Beweisen die der Bischof vorlegte und aller Bitten die er vortrug, Bischof Raible hatte keinen Erfolg. Die Behörden des Staates waren gegen ihn. Enttäuscht kehrten die zwei Ärzte zurück nach Deutschland, entschlossen ihren Dienst einer anderen Mission anzubieten.
War vielleicht gut das der Bischof keinen Erfolg hatte. Spätere Untersuchungen zeigten, daß der Aussatz in einem unübersehbaren Ausmaß im ganzen Nordwesten verbreitet war. Die Kirche war wohl nicht in der Lage die Ausbreitung des Aussatzes zu halten.
Wenn auch Bischof Raible seinen Mißerfolg mutig hinnahm, so blieb doch eine schwere Bürde auf ihm lasten. Das schlimmste war daß der Mißerfolg in West Kimberley den Mißerfolg in Ost Kimberley nach sich zog. Wie auch immer, das schließen der Rockhole Station war das Zeichen für eine neue Mission – Balgo.